Weiter geht es mit den zwei Mondmotiven vom Morgen des 23.08., mit denen ich eigentlich schon die Fotosession, die ja ursprünglich Jupiter gegolten hatte, beenden wollte. Das Ende war mit dem plötzlichen Heraufziehen einer Wolkendecke und dem Beginn der Dämmerung ohnehin bereits eingeleutet worden. Letzte Chance also, überhaupt noch eine brauchbare Aufnahme mitzunehmen, nachdem alle bisherigen Versuche am Jupiter wegen starker Luftunruhe fehlgeschlagen waren. Die Mondsichel stand um etwa 5:30 Uhr fast genauso hoch wie Jupiter und zeigte mir auf dem Monitor plötzlich Details, die ich mir nach dieser fotografisch unbrauchbaren Nacht schon gar nicht mehr erhofft hatte.
Die Motive waren angesichts der sich rasch nähernden Wolken sowie wegen der spärlichen Beleuchtung der Mondoberfläche (Sichel) schnell gefunden:
Mit Kepler, dem "kleinen Bruder" des berühmten Kopernikus-Kraters (bereits im Dunkel der Mondnacht), erwartete mich eine weitere Überraschung. Bei allen früheren Aufnahmen war dieser Krater nie ein besonders lohnendes Motiv gewesen, da meist viel zu weit am linken Rand des Mondes und nur äußerst schräg zu sehen. Allenfalls am äußersten Rand einer Kopernikus-Aufnahme bei geringerer Brennweite war er bisweilen auf dem Bild auszumachen gewesen. Dank der sogenannten "Libration", der leicht torkelnden Bewegung des Mondes, kommen wir aber innerhalb mehrerer Monate in den visuellen Genuss von mehr als nur 50% der Mondoberfläche. Wir sehen also letztlich nicht stets dieselbe Seite unseres Trabanten, und dank dieses interessanten Phänomens zeigte sich Kepler an diesem Morgen aus einer Perspektive, die mir bislang noch nie untergekommen war. Beinahe direkt aus der Draufsicht konnte ich den Krater mit seinem markanten Impakt-Strahlensystem einfangen. Ähnlich markante Strahlenstrukturen, die durch das Herausschleudern von Material während des Einschlags rühren, zeigen auf der uns zugewandten Seite des Mondes nur noch die Krater Tycho, Kopernikus und Aristarchus. Letzterer ist ebenso meist ein Problemkandidat.
Das zweite Motiv ließ mir aufgrund der drohenden Wolken noch weniger Zeit zur Aufsuche. Wieso also nicht Aristarch wählen, der ausnahmsweise auch in voller Pracht zu sehen gewesen wäre? Die Antwort nennt sich Sinus Iridum oder zu deutsch "Regenbogenbucht", eine sichelförmige Ausbuchtung des nördlichen Mare Imbrium (des Regenmeers), die sich nur zu gewissen Mondphasen in solch schöner Kontrastzeichnung präsentiert. Auch sie ist wohl ursprünglich durch einen Einschlag entstanden. Bedauerlicherweise zog nach etwa 580 Einzelbildern eine größere Wolke vor die Mondsichel und bedeckte damit eines der sicher schönsten und gesuchtesten Gebiete unseres Trabanten. Die geringere Bildanzahl machte sich bei der Nachbearbeitung natürlich negativ bemerkbar und verhinderte leider das effektive Schärfen von Details, das bei Kepler mit 1200 Bildern noch so gut möglich war. So etwas ist ärgerlich, kann allerdings immer passieren. Irgendwann ergibt sich bestimmt mal wieder eine Gelegenheit...
Ausnahmsweise zeige ich die beiden Motive dieses Mal in Originalfarben und nicht in den üblichen Graustufen, da der visuelle Eindruck so besonders gut erhalten bleibt und die Farben passen.
Erst nach diesen beiden Aufnahmen kam Jupiter doch noch einmal an die Reihe, wenn auch meine volle SSD im Netbook nur noch für wenig Aufnahmezeit Platz bot und ich ohnehin mit Wolken zu kämpfen hatte. Auch hier wäre bei einer größeren Anzahl von Einzelbildern sicherlich ein noch etwas besseres Ergebnis herausgekommen. Aber ich will nicht meckern - ohne eine recht kurze Wolkenlücke wäre mir unser großer Gasplanet am Ende völlig durch die Lappen gegangen.
Unnötig zu erwähnen, dass ich für das anschließende Abbauen und Aufräumen der Ausrüstung auf künstliches Licht verzichten konnte. Ebenso unnötig zu erwähnen, dass ich danach hervorragend (ein)schlafen konnte...
Über die rein visuellen (buchstäblichen) Highlights jener komplett durchwachten Nacht berichte ich das nächste Mal. Im Moment bin ich - mal wieder - zu müde.

(alle Aufnahmen: Synta Maksutov 127/1500mm, f/26,4, IR/UV-Sperrfilter, TS-Webcam)